Flipped Classroom – Weiterentwicklung

Mein Schulzimmer habe ich komplett umgedreht – nun ist alles rausgefallen. Das scheint nicht die richtige Weiterentwicklung meiner Ansätze eines Flipped Classroom zu sein…
Das Bild ist natürlich in der Bildbearbeitungssoftware umgedreht worden und meine Schülerinnen und Schüler haben zuvor für den Frühlingsputz alles ausgeräumt. Die Grundidee des Flipped Classroom fasziniert mich schon länger Zeit. Dazu habe ich vor drei Jahren (schon so lange her…) einen Blogbeitrag geschrieben. Seither habe ich versucht (mal etwas mehr, mal etwas weniger) diese ersten Ansätze weiterzuentwickeln.
In den letzten Wochen habe ich zudem das Buch Flipped Classroom – Zeit für deinen Unterricht gelesen (kostenlose Onlineversion/Verlag). Das Buch zum Projekt „Flip your class!“ kann ich sowohl Neulingen in diesem Bereich, also auch Lehrpersonen, die schon Erfahrungen mit umgedrehtem Unterricht gesammelt haben, weiterempfehlen. Es besteht für mich persönlich aus drei zentralen Bereichen: einer Einführung in die Idee des Projektes und Flipped Classroom ganz allgemein (Kapitel 1 und 2), einem Erfahrungsrezeptbuch (Kapitel 4) und einer grossen Anzahl an Praxisberichten aus verschiedenen Schulstufen und Fachbereichen (Kapitel 6 bis 14).
Angeregt durch dieses Buch habe ich entschlossen, hier im Blog wiedereinmal einen Einblick in meine persönliche Auseinandersetzung und Weiterentwicklung meiner Flipped Classroom Idee zu geben.

Technik

Ja, ich bin zugegebenermassen ein wenig ein Technikfreak und probiere gerne neue Tools aus und lege oftmals etwas zu viel Gewicht auf die Technik. Ganz vernachlässigen darf man die Technik aber meiner Meinung nach nicht, ein verwackeltes Handyvideo mit schlechtem Ton lädt nicht gerade zum Schauen ein. Bei der Aufnahme muss ich immer ein wenig die Balance finden zwischen guter Qualität und möglichst geringem Aufwand, denn ein Video, welches nicht aufgenommen ist, bringt noch weniger.
Vom Setup her unterscheide ich im Moment vier Arten, um ein Video aufzunehmen. Bei einer „normalen“ Bildschirmaufnahme (vor allem für Erklärungen zur Verwendung eines Tools (Scratch, gimp, Moodle, …) im Fach Medien und Informatik) oder einer Bildschirmaufnahme, bei der ich schreibe (vor allem für den Mathematikunterricht) bin ich mittlerweile so eingerichtet, dass ich von der Technik her in 2-3 Minuten einsatzbereit bin. Für eine Aufnahme von oben, die zeigt, was meine Hände machen (vor allem für geometrische Konstruktionen), brauche ich etwas mehr Zeit, sollte aber eigentlich auch in 5 Minuten startklar sein. Noch zu wenig Erfahrung und Übung habe ich mit der Aufnahme von mir selber (zum Beispiel um etwas zu erklären oder einen chemischen Versuch vorzuzeigen). Bei Bedarf und wenn das Schulzimmer wieder eingeräumt ist, kann ich gerne einmal noch näher auf die einzelnen Setups eingehen.
Einer der wichtigsten Punkte bei der Technik ist sicher ein guter Ton. Hier habe ich schon einiges optimiert, so dass die Audioqualität mittlerweile relativ gut sein sollte. Als Nächstes möchte ich mich einmal noch etwas genauer mit den Möglichkeiten der Bearbeitung der Audiospur befassen. Auch erst am Anfang bin ich bezüglich des Lichtes. Zwar arbeite ich bereits teilweise mit Lichtquellen zur besseren Ausleuchtung, doch so richtig ideal ist es noch nicht.

Veröffentlichung

Meine Videos veröffentliche ich auf meinem youtube-Kanal BolLehrer. So richtig überzeugt bin ich von dieser Lösung noch nicht. Die Vorteile dieser Plattform sind sicher, dass die Schülerinnen und Schüler diese bereits sehr gut kennen und dass auch interessierte Personen ausserhalb meiner Klasse von den Videos profitieren können. Auf der anderen Seite sehe ich vier Nachteile. Den ersten Nachtei der sehr begrenzten Möglichkeit der Sortierung der Videos konnte ich mit meiner Webseite BolLehrer.ch (siehe Blogbeitrag dazu) relativ elegant umgehen. Beim zweiten Nachteil der Abhängigkeit von einem Grosskonzern (siehe dazu auch der vorherigen Blogbeitrag), versuche ich mich abzusichern, indem ich alle Videos auch als mp4-Datei auf meiner Festplatte abspeichere. Ein Umzug auf eine alternative Plattform wäre aber mit relativ viel Aufwand verbunden. Den dritten Nachteil der Werbung, konnte ich zwar durch den Verzicht auf die Monetarisierung der Videos und mit der Webseite BolLehrer.ch ein wenig eingrenzen, ist aber nicht abschliessend gelöst und stark abhängig von Geschäftsmodell von youtube. Das grösste Ärgernis derzeit ist aus meiner Sicht die „könnte dir auch noch gefallen“-Videos, die am Schluss jeweils angezeigt werden und die Schülerinnen und Schüler zum Abschweifen verlocken könnte. Bezüglich der Veröffentlichung meiner Videos werde ich sicher die Augen nach Alternativen und Optimierung offen halten.

Einbettung in den Unterricht

Nach einigen punktuellen Versuchen mit Flipped Classroom habe ich mich im vergangenen Sommer vorgenommen, mehr Energie in diesen Versuch zu stecken. Relativ viel meiner Vorbereitungszeit investierte ich dabei in das Erstellen der Videos. Dabei kam leider die fundierte Einbettung in den Unterricht manchmal etwas zu kurz. Dies war sicher nicht immer ganz ideal, hat mir jedoch geholfen, viele wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Weiter gute Inputs in diesem Zusammenhang bekam ich nun auch im Kapitel vier des eingangs erwähnten Buches. Unter dem Titel „Design Patterns: Erfahrungsrezeptbuch“ werden 14 methodische Tipps für die Einbettung eines Flipped-Classroom-Konzepts in den Unterricht detailliert beschrieben. Meiner Meinung nach lohnt sich nur schon wegen dieses Kapitels ein Blick in das Buch.
Eine engere Begleitung meiner Schülerinnen und Schüler bei der Arbeit mit den Videos ist sicher ein Hauptfokus bei der Weiterentwicklung meiner Flipped-Classrom-Ansätze. Dies beinhaltet detailliertere Hinweise und eine Schulung der Schülerinnen und Schüler, wie sie sich auf ein Video vorbereiten, was sie während einem Video tun und wie sie anschliessend das Gelernte absichern können oder sollen. Dies beginnt natürlich bereits bei der Gestaltung der Lernumgebung in welche die Videos eingebettet werden. (Zu welchem Zeitpunkt wird das Video eingesetzt? Welchen Auftrag bekommen die Schülerinnen und Schüler? Wie wird das Gelernte überprüft? …) Dazu werde ich mir in den Frühlingsferien Gedanken machen und anschliessend im Unterricht ausprobieren.

2 Gedanken zu „Flipped Classroom – Weiterentwicklung“

    • Meine Beobachtungen zeigen eher, dass Videos vorgeschlagen werden, die der Person „gefallen könnten“. Dies beruht sicher zu einem Teil auf dem gerade abgespielten Video, jedoch nicht nur diesem, sondern auch allen anderen vorher geschauten Videos (und diese haben bei den Schülerinnen und Schüler nicht immer nur mit Schule zu tun…). Google möchte natürlich, dass die Benutzer möglichst lange auf der Plattform bleiben…

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